Auf Abwegen - Meerforellen in der Ostsee

Von Februar bis Ende April 2007 war ich beruflich in Neustadt / Holstein tätig. Von meiner Unterkunft bis zum Hafenbecken hatte ich keine 300 Meter zu gehen.
Im Februar und März teilte ich das Schicksal vieler Angler in der Region. Trotz etlicher Angelversuche von der Mole, in der Brandung und mit dem Belly–Boat war ein einziger Hering meine bescheidene Beute.

In der letzten März Woche stand dann täglich ein einheimischer Angler mit Wathose und Spinnrute am Ufer des Marine Hafens. Davon animiert versuchte ich mein Glück von einem Bootsteg am anderen Ufer des Hafens. Hierbei war ich recht beharrlich und probierte etliche Wobbler und Blinker.

Am Morgen des dritten Tages wurde die Mühe belohnt. Nach kurzem Drill lag eine blanke 43 cm Forelle im Kescher. Tags drauf, in der Mittagspause, konnte ein identischer Fisch einem leichten Blinker nicht widerstehen. Das machte Lust auf mehr.

In der folgenden Woche pustete mir ein kräftiger Wind entgegen und mit den leichten Kunstködern waren keine befriedigenden Wurfweiten zu erreichen. Ich entschied mich für einen grün – weißen Speedy Wobbler in der 32 Gramm Variante. Geworfen an einer 40 Gramm Rute und mit 12er Fireline ignorierte dieser Köder den Gegenwind und flog wie ein Geschoß bis kurz vor die gegenüberliegende Schilfkante. Nach dem zweiten Wurf und einigen Kurbelumdrehungen war die Rute krumm! Einige Fluchtversuche später konnte ich den Fisch zwischen den Dalben ( Pfeiler im Wasser vor der Steganlage ) hindurchführen und vor dem Steg ausdrillen.

Diese Meerforelle war extrem schlank, 60 cm lang und etwa 1,5 Kilo schwer. Da muss irgendwo mal ein Hornhecht im Stammbaum eingekreuzt worden sei. Eine meiner Mefos aus 2004 wog bei 64 cm deutlich über 3 Kilo!

Am Dienstagabend nach den Oster Feiertagen biss dann noch eine dralle 48er Forelle auf den grün – weißen Speedy Wobbler. Als der Wind dann abfrischte und der 32 Gramm Köder eigentlich  nicht mehr nötig war, hatte dieser sich aber einen Stammplatz am Vorfachende erobert.
Im Vorgriff auf die nächsten Zeilen sei gesagt, dass ich ein kleines Schlauchboot mit 2,2 PS am Steg liegen hatte. Dieses hatte ich zwei Wochen vorher kurzerhand bei Ebay ersteigert, um meinen Aktionsradius zu erweitern.

Am Nachmittag des 12.April stand ich alleine am Hafenbecken. Absolut keine Menschenseele zu entdecken.. Nach etlichen Würfen ohne Fischkontakt bekam der grün – weiße Speedy wieder einmal seine Chance.
Als auch dieser erst einmal unangefochten durchs Wasser wobbelte, verlor ich langsam die Hoffnung auf einen Biss. Man kennt ja die Gedanken, die einem als Angler dann durch den Kopf gehen.

Aus diesen trüben Überlegungen riss mich dann unvermittelt die extrem krumme Rute in meiner Hand und die 20 Meter Schnur, die über die kreischende Bremse abgezogen wurden.
Puls von 60 auf 220 in einer Sekunde!
Nach einigen Fluchten konnte ich noch immer keine Schnur zurückgewinnen und der Fisch zog im Bogen nach rechts weg. Nein,- die 12er Fireline legte sich an eine, mit reichlich Seepocken bewachsene, Dalbe. Bei jeder Flucht und dem nachfolgenden Schnureinzug spürte ich dieses Kratzen über die Rute, welches entsteht wenn die geflochtene Schnur über den scharfkantigen Pfahl reibt. Irgendwann hatte ich den Fisch an der Dalbe und die Hoffnung ihn um diese herumführen zu können. Doch plötzlich saß die Schnur fest und nach einem letzten kräftigen Wasserschwall regte sich nichts mehr.

Weg, ausgeschlitzt, abgerissen ,- warum musste ich auch vom bequemen Steg angeln. Mit der Wathose wäre das nicht passiert.
Diese und andere Gedanken gingen mir durch den Kopf. Mist!

Ich legte die Rute mit geöffneter Bremse auf den Steg und fuhr mit dem Schlauchboot zur Dalbe, um die Schnur zu lösen und eventuell den Köder zu bergen.
Beim Blick ins Wasser die Überraschung. Der Fisch war noch dran und fing bei meinem Anblick auch gleich wieder an, an der ( schon arg ramponierten ) Schnur zu zerren.
Schnell mit dem Schlauchboot zum Steg, die Rute gegriffen und wieder zurück. Vier mal musste ich die Schnur um die Dalbe führen, bis der Fisch wieder frei war.

Mit kräftigen Flossenschlägen flüchtete mein Gegner ins offene Wasser. Noch gute 10 Minuten zog sich der Drill vom Boot aus noch hin. Immer die stark beschädigte Schnur vor Augen. Einige Male flüchtete meine Traumforelle noch vor dem Kescher bis sie endlich hinein glitt.

Wie man sich nach einem solchen Drama fühlt, können die meisten (Angler) wohl nachvollziehen, denke ich.

Für die Bemühungen der letzten Wochen so belohnt zu werden, was will man mehr!

Die blanke Meerforelle war 76 cm lang und wog ausgenommen 9 Pfund.

Petri Heil!

Robert
goNorge Angelteam